Eltern haften für ihre Kinder. Aber auch für ihre Kleidung?

donbilbodererste

Active Member
Nunja.

Ich gebe Dir recht bei der Differenzierung der beiden Standpunkte. Jedoch finde ich es wichtig von - ich nenne es mal positiven Zwang - zu negativem zu unterscheiden.

Meine Eltern ließen mich in meiner Freizait eigentlich alles tragen was ich wollte, sofern ich dafür bezahlte... Irgendwann gab es auch mal eine Baggypant und einen dieser weiten Hip-Hop-Pullover aber die durfte ich wie gesagt nur in der Freizeit/zur Schule tragen. Für festlichkeiten eben 'besser'. Besuch bei Omi war dann Jeans und Hemd angesagt usw... dort finde ich es nicht so wild, wenn man als Kind nicht perfekt gekleidet ist, da man aus den Sachen schneller herauswächst als man gucken kann.

Einem vermutlich ausgewachsenem Kind zu sagen, dass es -Sinngemäß - keine Hemden tragen darf, weil die Eltern soetwas in der DDR nicht kannten, finde ich dermaßen hinterwäldlerisch.

Meine Eltern jaulen mir auch die Hucke voll, dass wie heutzutage ein Luxusleben im Vergleich zu früher haben... ja und? Bin ich daran schuld?
 
Manchmal geht es wohl auch gar nicht so sehr um Kontrolle, Zwang, Rebellion und Erziehung -
sondern einfach um ein "harmonisches" Familienselbstbild, dessen Selbstverständnis auch über Kleidungsfragen funktioniert.

Wenn Vati beim gemütlichen Grillabend im Polohemd den Salat zubereitet und Mutti in Grillschürze gewandet die Fleischwaren wendet -
dann kann der Sohn in Anzug und Krawatte schon etwas disparat erscheinen.

Gleiches gilt für Vater-Sohn-Baumarktbesuche oder Mutter-Sohn-Wochenendeinkäufe etc. -
Rasenmähen kann der Sohn dann meinetwegen wieder im Anzug...
 
Ich bin noch nicht Vater, bin mir aber ziemlich sicher, dass meine Sprößlinge daheim keinen Rapperlook oder die Kluft diverser Subkulturen tragen würden. Dieses würde zu Ausfällen meinerseits führen, die irgendwo zwischen Gunnery Sergeant Hartmann, Klaus Kinski, John Mc Enroe und dem "Angry German Kid" von Youtube angesiedelt wären.

Wenn mir mein minderjähriger Sohn allerdings eröffnen würde, dass er seinen Alltag nunmehr nur in Anzug mit Krawatte bestreiten kann, würde ich auch hier einen Termin beim Kinderpsychologen vereinbaren.

Deshalb: Roetzel = FSK 18.
 

Meine Trainingsanzüge bekommen im Schrank wie im Leben ihren richtigen Platz zwischen Badehosen, Polohemden, Anzügen, Smoking, Cut und Frack.

@Classic
Ich bin jetzt weder Supernanny noch Kindersoziologe, ich halte aber sehr wenig vom oft gehörten Automatismus, dass Kinder/Jugendliche immer automatisch das Gegenteil von dem machen, was ihre Eltern wollen. In meinem Bekanntenkreis sind die meisten Sprößlinge genauso wie ihre Eltern (oft genauso bescheuert). Auf 2 Rebellen und Anarchos kommen da 98, die sich bequem im Milieu ihrer Eltern eingerichtet haben und da allein schon aus Bequemlichkeitsgründen nicht rauswollen. Und ich persönlich kann mich auch nicht dran erinnern, als Pubertierender großartig gegen meine Eltern rebelliert zu haben. Es war einerseits nicht notwendig und hätte andererseits zu Hörschäden meinerseits durch Wortkaskaden jenseits der 140 Dezibel geführt.
 
Ich denke wenn das Eltern-Kind-Verhältnis prinzipiell intakt ist wird es gar nicht erst zu großen Konflikten über Kleidung kommen, die halte ich eher für "Stellvertreterkriege", also Symptome tiefer liegender Konflikte. Die subkulturellen Phasen eines Teenagerlebens (ob nun Neo-Punk oder Neo-Victorian) sollte man mit Fassung tragen, ebenso wie der Sprössling, dass man zu Babba's 50stem oder formaleren Anlässen mal das Arschgeweih verhüllt. Give and take eben.
 
Im Englischen gibt es den schönen Spruch, der da sinngemäß lautet: Gib Deine Kindern Wurzeln, damit Sie stets Halt haben, und Flügel, damit sie die Größe der Welt erfahren können. Dieser Sinnspruch illustriert für mich sehr einprägsam, daß es bei Kindererziehung, wie bei den meisten Dingen im Leben, wohl um die richtige Balance geht. Diese wird bei individuellen Eltern-Kind-Konstellationen unterschiedlich gewichtet sein, und sie wird wohl auch über die Zeit über die Zeit sich ändern und immer wieder neu auszutarieren sein.

Wie in der Musik tragen vorübergehende Dissonanzen zum Gelingen des großen Spannungsbogens bei, letztlich streben die meisten von uns aber doch nach dem harmonischen Akkord. Ich stimme DgL bei, daß eine gute Mischung aus Toleranz des Betrachters und Rücksicht des Akteurs, ob in der Kleidung, im Verhalten, in der Sprache oder in anderen Aspekten des Zusammenlebens diese notwendigen Dissonanzen aushalten und das große Ganze nicht in eine familiäre Kakophonie entgleisen lassen.

So, in eben dem Moment, in dem dieses schöne Theoriegebäude aufgerichtet ist, kommt mein Sohn zum mindestens fünften Mal am heutigen Nachmittag ins Zimmer und nörgelt weiter penetrant, daß er als einziger seiner Klasse nicht Wii und iPhone spielen dürfe, solange er möchte, und für Papa wird's immer schwieriger, die Dissonanzen nicht mit einem krachenden Fortissimo zu beenden. Einstürzende Neubauten, quasi...

dE
 
Das sehe ich ganz anders. Rebellion gegen das Elternhaus gehört zum Erwachsenwerden dazu.

Pubertät ist eine Art Selbstfindung und eminent wichtig für die Persönlichkeitsentwichlung. Und meistens resultiert das "neue Vorbilder suchen" in Rebellion (oder wird so von den Eltern interpretiert).
Die wirkliche Einsicht und das Zurücknehmen kann erst kommen wenn man sich voll entwickelt hat, andernfalls ist es einfach nur antrainiertes Kuschen bzw. Angst basierter Gehorsam.

Was ist die Aufgabe der Eltern in den willenlosen Jahren? Kind soll von den bösen Umwelteinflüssen geschützt werden (nicht frieren..); in dem Umfeld in dem man sich bewegt, nicht als "Außenseiter" gelten (in den Anfangsjahren isses Kindern egal, nur nicht den Eltern... Kindergarten gehts dann los).
Sobald ein eigener Wille da ist... nicht mehr mein Ding, dann müssen sie selbst erleben was es für Reaktionen hervorrufen kann.
 
Oben