Bespoke auf dem Lande - Zur Diskussion

Persönlich finde ich den Abstich "zu gerade", naturgemäß auffälliger bei der Tweed-Jacke,an der mir auch die 4 Knöpfe ungewöhnlich vorkommen.

Gibt es eigentlich Vorgaben/explizite "Besprechungen" hinsichtlich Armloch und Schulter-/Achselkonstruktion, wenn die Kleidungsstücke zum professionellen Konzertieren (?) angefertigt werden ?
 
Persönlich finde ich den Abstich "zu gerade", naturgemäß auffälliger bei der Tweed-Jacke,an der mir auch die 4 Knöpfe ungewöhnlich vorkommen.

Gibt es eigentlich Vorgaben/explizite "Besprechungen" hinsichtlich Armloch und Schulter-/Achselkonstruktion, wenn die Kleidungsstücke zum professionellen Konzertieren (?) angefertigt werden ?

Das Tweedsako hat drei Knöpfe.
 
Ich würde den Schneider erstmal bitten die Probleme an den bestehenden Anfertigungen soweit es machbar ist zu beseitigen. Dann würde ich bei der Neuanfertigung des nächsten Teils auf mehr Anproben pochen bevor die Fortschritte wesentliche Änderungen verhindern.




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Für den Anfang sieht das gar nicht so schlecht aus. Ich hätte allerdings zuerst beim Anzug so lange nachbessern lassen, bis wirklich alles passt (zumindest das, was man noch passend machen kann). Dieses "beim nächsten Anzug passt es dann sicher" ist leider relativ verbreitet und für die Passform auf Dauer nicht gut. Vom Schnitt her würde ich auf eine Rundschau-Vorlage aus den frühen Siebzigern tippen, die der Mann relativ häufig, allerdings vorzugsweise für beleibtere Kunden realisiert hat. Das ist für heutige Verhältnisse relativ ungewöhnlich, woraus sich die für viele hier etwas auffällige Optik mit den langen vertikalen Linien ergibt.

Zur Verarbeitung und Passform würde ich anhand der Bilder lieber nichts sagen, weil einfach zu viele Faktoren eine sinnvolle Beurteilung verhindern. Der Schneider selbst wird wissen, wo man noch nachbesser kann und muss. Es schadet aber auf keinen Fall, auf subjektiv fehlerhafte Stelle hinzuweisen und während der Proben zu diskutieren, ob man die eine oder andere Sache nicht noch verbessern könnte.

Ich würde die bereits fertiggestellten Stücke nochmal nachbessern lassen und bei Zufriedenheit (mit der Passform, aber auch mit dem Zuschneidestil) wieder bestellen.
 
. Vom Schnitt her würde ich auf eine Rundschau-Vorlage aus den frühen Siebzigern tippen, die der Mann relativ häufig, allerdings vorzugsweise für beleibtere Kunden realisiert hat. Das ist für heutige Verhältnisse relativ ungewöhnlich, woraus sich die für viele hier etwas auffällige Optik mit den langen vertikalen Linien ergibt.

Vielen Dank für diese detaillierte Einschätzung. Was genau ist denn eine "Rundschau-Vorlage"? Bzw. was für eine Vorlage würde sich für eine taillierte (nicht enge) Form besser eignen? Meint "vertikale Linien" die langen Abnäher? Ich würde gerne eine taillierte, seitlich unter den Armen anliegende Sakkoform erzielen mit dann aber wieder weich nach außen fallenden Schößen. (Meine Frau sagt Röckchen-Sakko dazu).
Aber aus der obigen Einschätzung resultiert meine zentrale Frage: Sollte ich wirklich an dieser Stelle weitermachen oder wäre eine gute Maßkonfektion vom Resultat her besser? Preislich gibt es keine Unterschiede. Ein Anzug bei besagtem Schneider kostet auch bei Wahl eines recht ordentlichen Stoffes ca. 1200 €.
Grüße, Hagen
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für diese detaillierte Einschätzung. Was genau ist denn eine "Rundschau-Vorlage"? Bzw. was für eine Vorlage würde sich für eine taillierte (nicht enge) Form besser eignen? Meint "vertikale Linien" die langen Abnäher? Ich würde gerne eine taillierte, seitlich unter den Armen anliegende Sakkoform erzielen mit dann aber wieder weich nach außen fallenden Schößen. (Meine Frau sagt Röckchen-Sakko dazu).
Aber aus der obigen Einschätzung resultiert meine zentrale Frage: Sollte ich wirklich an dieser Stelle weitermachen oder wäre eine gute Maßkonfektion vom Resultat her besser? Preislich gibt es keine Unterschiede. Ein Anzug bei besagtem Schneider kostet auch bei Wahl eines recht ordentlichen Stoffes ca. 1200 €.
Grüße, Hagen
Die Rundschau ist eine Fachpublikation für Schneider, die unter anderem ein sehr verbreitetes Schnittsystem entwickelt hat, das über die Jahrzehnte zahlreichen Anpassungen unterworfen war. Ich meinte nicht, dass sich der Schnitt nicht für eine Schlanke Figur eignet, sondern dass der Schneider bestimmte Details so gemacht hat, wie man sie für einen beleibteren Kunden erwarten würde. "Vertikale Linien" meint nicht die Abnäher (diese sind nicht länger als anderswo, wohl aber ist die Taillenlinie samt Hüfttaschen recht hoch angesetzt), sondern die generell auf die vertikale hin gearbeitete Linienführung (gerader Abstich, steiles Revers, fester Ärmelfisch, langgezogene Taille usw.). Ein Sakko wie von Dir beschrieben hat der Schneider meines Erachtens geliefert, insofern würde ich vom voreiligen Wechseln abraten.

Ich merke aber, dass der innere Druck, doch noch etwas anderes auszuprobieren bei Dir recht hoch ist. Deshalb nur so viel: Echte Maßarbeit ist am Anfang immer etwas schwierig zu verdauen, bzw. bricht radikal mit von der Konfektion her gewohntem Kaufverhalten. Da braucht es oft ein bisschen Eingewöhnung. Ob Du mit Deinem Schneider wirklich auf dem Holzweg bist, wie Du zumindest unterschwellig befürchtest, merkst Du sicher bei den Nachbesserungsarbeiten an den beiden fertiggestellten Stücken.
 
Hallo Hagen,

zunächst mein Kompliment zur schönen Instrumentensammlung.

Von dem Anzug bin ich nicht ganz so begeistert. Bei allen Kommentaren muss natürlich berücksichtigt werden, dass ich davon ausgehe, dass die auf den Fotos sichtbare Passform nicht einer verkrampften Körperhaltung geschuldet ist.

Anbei habe ich auf zwei Deiner Fotos einige Schwachstellen (natürlich nur meine persönliche Meinung) markiert, die bei RTW vielleicht OK wären, aber bei MTM und insbesondere Vollmaß nicht sein sollten.

1) Vorderansicht:
Hier empfinde ich die Falten am Schulteransatz als unschön und finde, dass hier der Ärmelstoff sauber fallen sollte. Ich würde dies beim Schneider ansprechen.
Grundsätzlich sollte rund ein halbes Zoll der Hemdmanschette sichtbar sein. In Deinem Fall kommt mir dies aber schon nach deutlich mehr vor. Unter Umständen könnte es nicht schaden die Ärmel einen Tick länger zu machen.

2) Hinteransicht:
Oben in der Mitte gibt es eine leichte Falte, was anzeigt, dass hier der Stoff spannt.
Dann gibt es auch noch an der Taille Querfalten, was auch Deiner Gewichtsveränderung geschuldet sein kann und leicht zu beheben sein dürfte.
Was man hier aber wiederum an dem starken Faltenwurf sieht: Die Schultern und der Ärmelansatz passen nicht richtig (hier ist viel zu viel Stoff). Hier sollte Dein Schneider nochmal den Schnitt komplett überarbeiten.
 

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Guten Tag,
vielen Dank für die differenzierte und konstruktive Kritik.
Nach so vielen hilfreichen Hinweisen werde ich nächste Woche zu meinem Schneider fahren und diese Punkte mit ihm besprechen. Ich habe ihn als einen ruhigen und ehrlichen Menschen kennengelernt, er wird sicher einschätzen können, ob er meine Wünsche umsetzen kann.
Sollte dann tatsächlich der anthrazitfarbene Anzug, aus dem ich etwas herausgewachsen bin, ein gutes Anpassungsergebnis zeigen, werde ich wohl einen neuen Versuch machen und nochmals einen Anzug in Auftrag geben. Den Tip mit den intensivierten Anproben werde ich dabei sicher beherzigen.
Grüße, Hagen
 
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