Vintage bzw. Second-Hand - Shopping Tipps und Tricks

lullaby

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Hallo,

im Zuge meiner Hochzeit habe ich dieses Forum entdeckt und schon viel über den Cutaway/ Morning Dress, gute Schuhe und Männermode allgemein gelernt. Jetzt bin ich angefixt, meine Garderobe zu überdenken, dabei habe ich mich etwas in Vintage-Mode verguckt.

Der Hochzeitsanzug selbst war zwar neu, den Anzug für den Polterabend habe ich aber gebraucht im hiesigen Oxfam gefunden. Mein Herrenschneider war ganz angetan von der Stoffqualität und ich hatte anders als bei Neuteilen auch irgendwie das Gefühl, dass die meisten Sakkos besser passten als RTW-Teile, die ich neu anprobiert habe. Preislich war es zudem inklusive Änderung und Reinigung immer noch günstiger als was neues von der Stange und der Umwelt tat es auch gut.
Aber ich möchte nicht die Vor- und Nachteile von Second-Hand diskutieren, ich möchte vielmehr einen Rat bzw. Tipps von Leuten, die auch so kaufen und mehr Ahnung haben. Ich hoffe, dass Menschen mit Erfahrung bereit sind, aus dem Nähkästchen zu plaudern und an ihrer Erfahrung teilzuhaben.

Vielleicht ein paar Fragen für den Einstieg.
- Wo sucht ihr? - Ich selbst nutze Kleinanzeigen und Vinted; Oxfam und Second Hand gibts hier auch, ist aber eher Glückssache. AUf den Flohmärkten in der Umgebung fand ich mehr Damenmode als Herrenmode.
- Nach was sucht ihr? Gibt es Schlagwörter/ Marken, die Besonders zu empfehlen sind?
- Auf was genau sollte man achten wenn man kauft? Beschädigungen, klar. Gibt es vielleicht sonst noch Details die ein gutes Teil als solches auszeichnen.
- Wie geht man mit namenlosen Teilen um oder Teilen, zu deren Herstellern man nichts findet. Mir war bei der Suche mal "Bula Hamburg" unter die Nase gekommen oder "Top Aachen" oder "Leineweber" oder "Frey" oder "Nik Bol". Sind sowas Herrenschneider oder Modeketten, die es nicht mehr gibt? Ich bin leider zu jung, um mich an diese Namen erinnern zu können, falls es denn mal Maken oder Ketten waren. Sollte man von sowas lieber die Finger lassen?
- Bei uns in der Nähe findet man in den Second Hand Läden viel von Wilvorst (Er hat Jehova gesagt!), allerdings normale Herrenazüge und nicht diese bekannten "Hochzeitsanzüge". Was ist von solchen alten Stücken zu halten? An sich sind die ja "Made in Germany". Manche von den Stücken hatten auch Label von italienischen Stoffherstellern.

Ich hoffe meine Fragen sind nicht ganz doll quatsch und die Faszination von der Jagd nach toller, hochwertiger Vintage-Herrnemode ist irgendwie nachvollziehbar. Ich suche keine perfekten 5000-Euro-bespoke-Anzüge, sondern einen preisbewussten EInstieg in hochwertige und klassische Herrenmode.

Danke schon mal im Voraus und viele Grüße
 
Ich habe sehr viel über Vinted gekauft, vor allem Suitsupply, aber bspw. auch Barbour. Der Vorteil ist: großes Angebot und gleichbleibende Modelle. (Aber immer nachfragen, ob was geändert wurde.) Ansonsten noch einige gespeicherte Suchen für viele bekannte italienische Hersteller. Wenn mir langweilig ist, durchsuche ich auf vinted alle Krawatten mit Preis über 25€. Damit filtert man dann schonmal die meisten hässlichen Kaufhof Krawatten. Vor Ort habe ich bis jetzt in Deutschland wenig gefunden, auf Flohmärkten habe ich bis jetzt ausschließlich Müll vorgefunden. In Hamburg gibt es Secondella. Der Laden hat mir gut gefallen, die Preise für second hand aber nicht.

Zu Wilvorst: Vielleicht haben die früher bei Regent in Deutschland produzieren lassen? Ich meine, dass es in Deutschland keine Anzugfabrik mehr gibt, vielleicht täusche ich mich. Mittlerweile werden die Teile jedenfalls nach Angaben nicht mehr hier hergestellt. Wenn dir der Anzug aber passt und auch gefällt, dazu noch nicht in die Hochzeitsmode fällt, spricht mMn nichts dagegen, einen zu holen. Wenn die Weberei dazu noch bekannt ist, umso besser.
 
Sellpy wäre für Suitsupply definitiv noch eine Anlaufstelle.
Finde ich ein wenig besser als Momox, wo die Qualität bzw. der Zustand der Sachen manchmal echt zu wünschen übrigen lässt.
Ansonsten kannst du Outlet-Ware von SuSu noch bei Otrium kaufen.

Was noch eine Möglichkeit sein könnte, wäre Willhaben, wobei du mit Versandkosten aus Ö. rechnen kannst oder Vinted.at, da der ö. Markt mit dem italienischen Markt fusioniert worden ist und man gute Dinge von tollen Marken (think Canali, Caruso, Lardini etc.) bekommen kann.
 
Die Fragen sind keineswegs ›doll quatsch‹, im Gegenteil.
Im Netz: zu den genannten auch Ebay, Etsy und Vestiaire Collective. Ein wirklich profiliertes überregionales Portal spezialisiert auf qualitätvolle Herren-Vintagekleidung gibt es leider (noch?) nicht. Wäre aber an der Zeit.
Im örtlichen Zweitehand-Laden zu stöbern ist natürlich sinnlicher und immer ein Erlebnis. Bei Jacken und Anzügen ist es ja so: je älter sie sind, desto besser ist die Material- und Verarbeitungsqualität. Dann muß es nur noch einigermaßen passen, oder für eine Anpassung beim Schneider taugen. – Andererseits ist online die Auswahl natürlich größer, aber (z.T.) auch das Risiko eines Fehlkaufs. Bei Anzügen habe ich mich da noch nicht herangetraut aber das soll nichts heißen. Ein großes Plus bei Online-Angeboten ist es, wenn auch die Etiketten abgebildet werden (macht nicht jeder).
Krawatten: immer auf die Materialangabe und Zustandsbeschreibung achten. Krawatten vor ~1960 sind deutlich dünner und leichter als jüngere, da sie ungefüttert konstruiert sind und nur eine dünne Einlage haben. (Ich trage seit Jahren nur noch solche, die spürt man beim Tragen gar nicht mehr…)
Thema Marken: Namenlos ist halt anonym, da kann man nichts machen. Zunächst unbekannte ältere Marken sind aber oft interessanter als heute geläufige; wer kennt schon noch Kübler, Goldband, LeSi, Rotsiegel, Pulcher oder DIVA … die Qualität ist oft jüngeren oder bekannteren Markenprodukten haushoch überlegen.
 
Danke erst einmal für die vielen Tipps. Besonders die Idee von vinted.at finde ich sehr gut.
Allerdings gibt es hier natürlich einerseits etwas Sprachbariere nach Italien falls man mal ein Maß haben will und der internationale Versand ist natürlich teurer und hat vielleicht auch ein Risiko. Die Idee ist aber dennoch top! Da werde ich doch gleich mal reinschauen...

Auch danke für die vielen Tipps zu Marken als Suchbegriff.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage nach der Qualitätsbeurteilung bei namenlosen Teilen oder Marken die einem nichts sagen.
Wie gehe ich am besten vor, um die Qualität zu beurteilen? Ich bin leider noch Anfänger und taste mich ran.

Zu Wilvorst nochmal kurz:
Ich bin aus Südniedersachsen und nicht weit entfernt ist der Stammsitz von denen in Northeim (vielleicht findet man in den Second-Hand-Läden hier deshalb auch so viel von denen).
Soweit ich weiß, hat man dort bis vor 2 oder 3 Jahren noch produziert, dies wurde aber eingestellt. Wahrscheinlich ist dort nur noch Verwaltung und vielleicht sitzt ja da auch der Typ, der sich die schrägen Designs ausdenkt für die Hochzeiten...
Laut Wikipedia gehört Wilvorst seit 1993 zu Bugatti/ Brinkmann. Ob da ein Zusammenhang zu Regent bestand, so wie oben angenommen, das weiß ich nicht.
 
Ich steige hier auch mal ein, da mich interessiert, wie ihr es mit der Passform bei gebrauchten Klamotten haltet? Nehmt ihr eher eine Konfektionsgröße größer, damit der Änderungsschneider genug Material für Anpassungen hat oder sucht ihr nach der nominell passenden Größe und nehmt das Risiko, dass es evtl. zu klein, kurz, eng, ... ist in Kauf?
 
Ich bin aus Südniedersachsen und nicht weit entfernt ist der Stammsitz von denen in Northeim (vielleicht findet man in den Second-Hand-Läden hier deshalb auch so viel von denen).
Ich habe tatsächlich sogar ein Video von 2020 gefunden, wo die Produktion gezeigt wurde. 2021 wurde das Werk wohl geschlossen. Wie hoch die Qualität der Anzüge von dort sind, kann ich aber nicht beurteilen.
Ich steige hier auch mal ein, da mich interessiert, wie ihr es mit der Passform bei gebrauchten Klamotten haltet? Nehmt ihr eher eine Konfektionsgröße größer, damit der Änderungsschneider genug Material für Anpassungen hat oder sucht ihr nach der nominell passenden Größe und nehmt das Risiko, dass es evtl. zu klein, kurz, eng, ... ist in Kauf?
Kommt drauf an. Bei Sakkos lasse ich mir die Maße geben, an Schulter und Brust muss es passen. Bei Hosen schaue ich, dass es generell eher ein bisschen zu groß ist, zum Schneider gehen meine secondhand Klamotten sowieso fast immer. Hemden kaufe ich einfach meine gewohnte Kragenweite (manchmal +1 wenn ich weiß, dass die Marke sehr schlank schneidet, oder es eh ein Hemd ist, was ich ohne Krawatte trage)
 
"Pre-Loved" wie es heute gerne genannt wird, zu kaufen, ist immer mit Risiken verbunden.
Es gibt die Möglichkeit fur kleines Geld Marken auszuprobieren, die man noch nicht kennt, oder Stücke "seiner" Marke günstig zu erwerben, teilweise aber auch solche, die heute gar nicht mehr angeboten werden (new old stock zum Beispiel).
Natürlich gibt es dabei auch Enttäuschungen, das lässt sich nicht vermeiden und man muss abwägen, inwieweit man sich dagegen finanziell absichern will und auf entsprechenden Plattformen wie ebay oder momox kauft, die eine aus Käufersicht sehr angenehme Rückgabepolitik unterstützen oder ob man finanziell ins Risiko geht.

Persönlich kaufe ich weit überwiegend nur solche Artikel bei denen ich meine Größe und die Form des Artikels kenne oder gut einschätzen kann. Aussagekräftige Beschreibungen und Bilder sind für mich Grundvoraussetzungen. Fehlen mir Angaben frage ich höflich nach, bekomme ich die Informationen nicht, nehme ich Abstand vom Kauf. Damit bin ich bisher überwiegend sehr gut gefahren. Die wenigen Totalverluste kann ich gesamthaft gesehen, sehr gut verkraften.
 
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