Meinen Dank an powerbrauer für diesen Thread. Schade, dass er eingeschlafen zu sein scheint.
Als langjähriger Hobbybrauer und Bierfreund ist mir die letztlich aus Unwissenheit folgende Ignoranz und auch Arroganz, der man hier leider auch teilweise in den Ausführungen und Kommentaren begegnet, leider nur zu sehr bekannt.
Bier eröffnet (selbst bei Einhaltung des Reinheitsgebots) eine weitaus größere Geschmacksvielfalt als Wein.
Dies hängt sowohl mit dem größerem Zutatenspektrum und deren Kombinationsmöglichkeiten zusammen, als auch mit den unterschiedlichen Produktionsmethoden.
1) Eine Vielzahl von unterschiedlichen Malzen
2) Über 300 verschieden Hopfensorten, die je nach Menge, Kombination und Zeitpunkt der Hopfengaben die unterschiedlichsten Aromen produzieren können.
3) Hunderte verschiedener unter- und obergäriger Hefen, die je nach Vergärungstemperatur unterschiedliche geschmacksgebende Ester ausbilden (können)
4) Das verwendete Brauwasser, das aufgrund seines jeweiligen Mineraliengehalts den Geschmack des Bieres grundsätzlich und auch durch Beeinflussung der anderen geschmackgebenden Zutaten beeinflusst.
5) Unterschiedliche Braumethoden und zeitlich variierende enzymatische Einwirkungen auf das Malz beim Brauen. Diese haben einen entscheidenden Einfluss auf das Geschmacksprofil der verwendeten Malze.
Zum leidigen Thema des so genannten Reinheitsgebots könnte man viel sagen.
Nur soviel:
- es hatte bereits 1516 nur am Rande die Funktion eines Verbraucherschutzgesetzes.
Hauptgrund war die Aufrechterhaltung der Versorgung der bayrischen Bevölkerung mit Weizen zur Brotherstellung. Ausnahmen für das Brauen mit Weizen waren dennoch erlaubt. Diese Privilegien ließen sich die Wittelsbacher aber teuer bezahlen (Stichwort: Hofbräuhaus)
- Es hat nicht, wie von der Werbung impliziert, eine 500jährige Gültigkeit, sondern ist erst 1871 als protektionistische Regelung zur Abschottung des deutschen Biermarkts gegenüber der damals verstärkten Einfuhr insbesondere englischer Ales reichsweit eingeführt worden.
- Das Beharren des Brauerbunds in der Nachkriegszeit auf diese Regelung entspricht ebenfalls dieser protektionsitischen Intention besonders hinsichtlich des EU-Binnemarkts, hat sich aufgrund der Rspr des EuGH aber als Eigentor für die deutschen Brauer erwiesen.
Es ist davon auszugehen, dass das Reinheitsgebot binnen der nächsten zwei bis drei Jahre erheblich aufgeweicht und damit letztlich fallen werden wird. Aufweichungen wie das mittlerweile erlaubte Kalthopfen resp. Hopfenstopfen hat es schon gegeben.
Und ja, es gibt nach wie vor hervorragende, handwerklich gemachte gute Bier klassischer Stile in Deutschland, weit voran in Franken.
Sämtliche allseits erhältliche und zumeist der breiten Masse nur bekannten mit dem Reinheitsgebot werbende Marken-Biere gehören definitiv nicht dazu!
Würde es nur solche Biere geben, würde ich ausschließlich bei Wein bleiben.
Falls jemand Empfehlungen für interessante Bierhandlungen/Bierlokale braucht, kann er sich gerne melden.
Für Berlin empfehle ich schon mal wärmstens als Übersicht
diesen Google Earth Layer:
Mein Favoriten bei
Bierhandlungen:
- Hopfen & Malz
- Berlin Beer Shop
Brauereigaststätten:
- Heidenpeters in der Markthalle IX
- Hopf & Barley
Gaststätten mit breitem Bierangebot:
- Hopfenreich
- Foersters feine Biere
Wer einmal außerhalb der Insel original britische Cask-Ales aus dem Holzfass handgepumpt trinken möchte, möge die Loch Ness Scottish Pub and Whisky Bar besuchen.
Auch für Malttrinker empehlenswert aufgrund der breiten Angebotspalette .