Der Artikel Sammelthread

Vielleicht bin ich aus der Zeit gefallen, aber mich beschleicht da ein recht schales Gefühl, wenn Leute irgendeine Nischenproduktion starten, ohne weder richtig Ahnung noch eine Leidenschaft zu Produkt oder Idee haben, sondern rein aus marketingtechnischen Gründen.
Böse ausgedrückt: aus reiner Gier.

Meiner Meinung nach nichts anderes als bei etlichen Casting-Produzenten, denen Band, Sänger und Musik im Grunde genommen völlig Wurst sind, Hauptsache es wird gehypt und sie selbst verdienen Geld daran. Wird das "Produkt" out, geht man das nächste Castingprojekt an.

Dein Beitrag ist auch für mich gut nachvollziehbar, aber ich glaube, sollte der FAZ-Artikel bei Dir (und anderen) den Eindruck hinterlassen haben, die beiden machen das aus "reiner Gier", tut der Artikel ihnen höchstwahrscheinlich Unrecht.

Herr Radczun ist (Mit-)Eigentümer u.a. von Grill Royal, Pauly Saal and King Size und dürfte daher finanziell unabhängig von der Schneiderei sein. Er scheint das Handwerk persönlich zu schätzen (persönliche Erfahrungen = gewisse Ahnung) und es scheint ihm Spaß zu machen (=Leidenschaft), etwas zum Erhalt des (Kunst-)Handwerks beizutragen, indem er seine Kompetenz, sein Netzwerk etc. nutzt, um die Leistungen zu verkaufen. Ohne diese "Marketing-Bemühungen" hätte die Maßschneiderei wahrscheinlich noch weniger Zukunft, in anderen Ländern vermarkten sich die Schneider nur selbst wesentlich aktiver bzw. engagieren "Nicht-Schneider", um dies für sie zu tun (z.B. Taka bei Liverano).

Herr Purwin hingegen scheint genug davon gehabt zu haben, seine Energie und Zeit in die Vermarktung qualitativ minderwertiger, industriell gefertigter Kleidung zu investieren. Auch das deutet auf eine gewisse Leidenschaft für das Handwerk hin und seine Branchenerfahrung dürfte dem Unternehmen zumindest anfangs durchaus dienlich gewesen sein.

Dass die beiden ihren Laden nicht nach dem angestellten englischen Cutter benennen, ist doch verständlich. Was ist denn z.B., wenn der Engländer irgendwann genug vom Leben in Berlin hat?

Wer ein bißchen was über die Kostenstruktur von Maßschneidern erfahren möchte, kann mal diesen Artikel lesen: http://www.permanentstyle.co.uk/2014/10/bespoke-tailoring-cost-margin-and-value.html
Die Zahlen sind natürlich nur Richtwerte, sollten aber ganz schön zeigen, dass es Geschäftsmodelle gibt, die einem schneller zu Reichtum verhelfen können (nicht zuletzt in der Gastronomie...).

Grundsätzlich glaube ich, dass die beiden mit ihrer Bemühung, die Maßschneiderei auch in Deutschland auf etwas modernere Weise zu vermarkten ganz gut im Trend liegen und die Tatsache, dass sie wohl schon vier Schneider zusätzlich zum Cutter beschäftigen, scheint ihnen Recht zu geben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Mathematik des Hipster-Effekts, oder warum Hipsters alle gleich aussehen:
http://motherboard.vice.com/de/read/die-mathematik-des-hipstereffekts-235
Mir scheint die zwei Dimensionalität ein Problem du sein: natürlich kann man auf einer Achse auf der es nur Hippster und Nichthippster gibt das ganze mathematisch gut erklären. Sobald das Hippstersein aber zum Trend geworden ist, stellen sich dem Nochhippster eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Neuorientierung. Die spannende Frage ist ob das nur in endlich vielen Dimensionen funktioniert. Wenn dies nicht der Fall ist wäre es spannend, ob man dafür argumentieren kann, dass das ästhetische Empfinden die Anzahl der Dimensionen auf eine endliche Anzahl reduziert.

Hmm vielleicht muss ich mal den ursprünglichen Artikel lesen.
 
1.) ...aber ich glaube, sollte der FAZ-Artikel bei Dir (und anderen) den Eindruck hinterlassen haben, die beiden machen das aus "reiner Gier", tut der Artikel ihnen höchstwahrscheinlich Unrecht.
Herr Radczun ist (Mit-)Eigentümer u.a. von Grill Royal, Pauly Saal and King Size und dürfte daher finanziell unabhängig von der Schneiderei sein. Er scheint das Handwerk persönlich zu schätzen ...

2.) Grundsätzlich glaube ich, dass die beiden mit ihrer Bemühung, die Maßschneiderei auch in Deutschland auf etwas modernere Weise zu vermarkten ganz gut im Trend liegen.

Zu 2.)
Eben das!

Zu 1.)
(Mit-)Eigentümer von mehreren Unternehmen zu sein und noch ein weiteres zu starten - entgegen Deiner Annahme glaube ich nicht, denen Unrecht zu tun, sondern sehe meine persönliche Meinung eher bestätigt. Näher zu erläutern, warum ich nach wie vor dieser Meinung bin, benötigt wohl einen umfassenderen Beitrag als dieses kurze Statement meinerseits.
Ich wage mal die forsche Behauptung, dass in näherer bis mittelfristiger Zukunft nur noch ein kleiner Teil in Berlin gefertigt wird.

VG, Jane
 
Auch wenn man wie ich den Laden nicht kennt, stimmt der Bericht wehmütig. Ich finde es schade, wann immer ein Stück Stadt- und Kulturgeschichte verloren geht.
Wie sich in einer solch großen Stadt kein Nachfolger finden lässt, wundert mich aber doch ein kleines bißchen - vielleicht zu oldschoolmäßig für moderne Herrenausstatter?

VG, Jane
 
Zuletzt bearbeitet:
European Beer Star Award 2014

http://www.european-beer-star.de/ebs14_de/gewinner/rueckblick/gewinner2014.php?navid=12

Franken und Restbayern ist bei den Gewinnern gut vertreten, aber auch einige Exoten, z.B. aus Griechenland und Kambodscha konnten ganz oben landen. Die Überraschung schlechthin:
Gold in der Kategorie Märzen für die (bislang eher unauffällige) Saalfelder Brauerei aus dem nahen Thüringen!

Bei der Gelegenheit: Ich habe mich am Wochenende in einem sächsischen "Getränkestützpunkt" mit vor allem sehr dunklen Gebräuen des Landes eingedeckt, die offenbar dort auch eine gute Tradition haben. Die Querverkostung wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. In Dresden probierte ich in Watzkes Brauerei das ordentliche unfiltrierte Lager und Rauchbier, letzteres aber nur mit einem sehr dezenten "Hauch von Rauch". Auch das ähnliche aus der Zwönitzer Brauerei (leider nur aus der Flasche) konnte den Hardcore-Schlenkerla-Genießer nicht wirklich beeindrucken.

Der Landmann
 
Oben