Habe ich da einen Trend verschlafen? In meiner Jugend waren Passbilder, Bewerbungsbilder, Spaßfotos aus dem Bahnhofsfotoautomaten, alle waren rechteckig. Hochkant. Jetzt wollte ich mal meine uralten Bilder an diversen Orten austauschen, schließlich hat sich einiges getan: Haare etwas kürzer, andere Brille, und wie man eine anständige Krawatte anständig bindet glaube ich mittlerweile auch zu wissen.
Ich gehe also als erstes zu einem Fotografen, denn, merke: willst Du professionelle Ergebnisse haben, dann geh zu einem Profi. Dort durfte ich dann mannigfaltig posen. "Jetzt bitte nach links drehen, Kopf zu mir, Kinn etwas tiefer, rechte Schulter zurück, nach vorne lehnen, nein, wieder vom Boden aufstehen, dasselbe nochmal etc." Das Ergebnis? Collar gap, Hemdkragenschenkel befreien sich von der Unterdrückung durch das Revers, die Kragenspitzen schweben frei in der Luft - schaurig. Zwei Drittel der Bilder waren schon formalsartoriell indiskutabel. Der Rest, naja, bin halt nicht der hübscheste. Aber am Ende war doch ein brauchbares Bild dabei. Wie sich das gehört: Garderobe in Ordnung, rechteckig, Hochformat, seriöser Gesichtsausdruck. Ich zahle viel Geld, erfahre dass ich das Bild zwei Tage später abholen kann, nein, per mail schicken sei aus technischen Gründen leider nicht möglich.
Ich nehme also heute feierlich die CD in Empfang und kopiere die immerhin 350kb jpeg auf den Rechner. Mache mich daran das Bild der Welt bekannt zu machen (sie hat ja nur schließlich nur darauf gewartet!) und stelle fest: quadratisch ist in. Jede Webseite will Profilbilder quadratisch haben. Wenn man also jetzt aus klassischen Passfotoproportionen ein Quadrat schneidet geht das entweder von den Haarspitzen bis zum Kinn, oder von den Augenbrauen bis knapp an den Dimple. Aber nein, quadratisch ist besser. Weil wir alle adipös werden, und unsere Breite tapfer daran arbeitet es unserer Länge gleich zu tun.
Früher war alles besser.