Ist schicke Kleidung out bei der Masse der Menschen ?

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Das ist doch alles nicht digital. Wenn die Masse mir, auf einer Skala von 1-10, einen Kleidungslevel von 3 vorgibt kann ich mit einer 10 frontal gegenhalten (und brauche dann die Cojones das auszuhalten, denn dann werde ich Aufmerksamkeit erregen. Wird hier im Forum gerne gemacht, macht ja auch Spaß), oder ich sichte auf 7 und balanciere Aufmerksamkeit gegen eigenen Anspruch.


Das Problem des voreilenden Gehorsams bzgl. tatsächlicher oder eingebildeter Beeinflussung ureigener Lebensweisen von außen ist auf jeden Fall digital. Es ist eine viel allgemeinere persönliche Geisteshaltung, die über die eigene Kleidung weit hinausgeht.

Denn was man braucht, um seine Kleidung innerhalb der aktuellen Bekleidungsformen selbst zu bestimmen, sind ja keine besonders großen Cojones, sondern nur das normale reflektierte Selbstbewusstsein eines erwachsenen Menschen. Irgendwas balancieren muss man nur dann, wenn man anderen Menschen u. U. eine unbillige Belastung zumutet, die Kleidung bei erfolgter Bedeckung der Blöße im allgemeinen öffentlichen Raum nun mal definitionsgemäß nicht sein kann. Alleine davor zu warnen, dass bei so etwas immer noch allgegenwärtigem wie sartorialer Kleidung Mut dazu gehört, vor anderen Menschen man selbst zu sein, und deswegen davon abzuraten, widerspricht jedem Freiheits- und Selbstbestimmungsbegriff, den wir kennen und angeblich hochhalten. Es verunsichert die Verunsicherten und bringt keinem einen persönlichen Gewinn. Sich unter kleidungsbezogen Gleichgesinnten zu ermutigen, gekonnt individuell zu sein, und die positiven Erfahrungen damit in den Vordergrund zu stellen, finde ich viel angemessener.
 
Ich wage mal die These, dass das ein rein männliches Problem ist. Frauen machen sich mit wesentlich mehr Begeisterung schick und mögen es, wenn auch Männer dies tun*. Sie haben zwar eine erheblich andere Vorstellung als wir davon, wie man das als Mann tun sollte, aber die Erkenntnis "Ich nehme eine Veranstaltung wahr und entsprechend meiner Einstufung dieser Veranstaltung sollte ich mich dann auch kleiden" ist bei ihnen wesentlich akzeptierter als bei uns Männern.

Dafür muss es einen Grund geben, denn eigentlich sind Männer nicht bekannt dafür, mit unbekannten anderen Männern ohne Notwendigkeit einen "Burgfrieden" einzugehen oder sich in der Herde zu verstecken, wenn sie mit geringem Mehraufwand auch der Star der Manege sein könnten. Bei den Themen Auto, Muskelgeprotze, Lautstärke der Stimme, Witzeerzählen etc. ist ein solcher Burgfrieden auch keinesfalls erkennbar, so dass es nicht grundlegend das Motiv sein kann, sich in der Herde einzuordnen.

Es muss eine tiefer sitzende Abneigung dagegen sein, ausgerechnet das Instrument der Bekleidung dafür zu nutzen, sich in der Gesellschaft einzuordnen oder abzugrenzen. Interessanterweise wird von den Medien vor allem der Homosexuelle besonders exzentrisch und fein gekleidet dargestellt und auch unter Frauen geht die These umher, dass insbesondere homosexuelle Männer hinsichtlich Farbenlehre, Bekleidung und ästhetischem Geschmack ganz oben auf der Skala zu finden seien. Vermutlich, weil sie ihnen (den Frauen) dann besonders ähnlich sind.

Meine These ist deshalb, dass von den Medien und anderen demokratisch nicht legimierten Terrororganisationen gute Kleidung schlicht als ausgesprochen feminin dargestellt wird, so dass der gut gekleidete Mann entweder schwul sein muss oder sich offensichtlich bei den Frauen anbiedern will, während die "Waffen" des Extremsportlers, des stupiden Muskelprotzes oder des Lumberjack-Metrohippies als männlich legitimiert werden. Im Grunde ist das ein vollkommen überaltetes, verbrauchtes und dummes Rollenbild, da die Wertschöpfung durch uns Männer nicht mehr primär durch körperliche Tätigkeiten erbracht wird.

Was denkt Ihr?

* @Tryphoon Tournesol: Deine Schweizer Gattin ist nicht Teil dieser Erhebung. :D
 
Das Problem des voreilenden Gehorsams bzgl. tatsächlicher oder eingebildeter Beeinflussung ureigener Lebensweisen von außen ist auf jeden Fall digital. Es ist eine viel allgemeinere persönliche Geisteshaltung, die über die eigene Kleidung weit hinausgeht.

Vielleicht ist das so, ja. Rücksicht auf andere halte ich für selbstverständlich, weil ich das täglich mache. Ich richte die Gesprächsthemen an der Gesellschaft aus - bin ich mit Esoterikern zusammen vermeide ich naturwissenschaftliche Themen, ertrage höflich lächelnd deren Ausführungen zu Feinstofflichkeit und Metaphysik. Bin ich auf einer Veranstaltung oder sonstwie in Gesellschaft versuche ich mich angemessen zu kleiden, so dass ich anderen nicht unnötig Stress verursache. Ich versuche, als schon berufsmäßiger Soziopath, mich in die Gesellschaft einzugliedern, sozial zu sein. Als Schwede ist mir das Bestreben angeboren, anderen so wenig lästig oder unangenehm zu sein wie möglich.

Und weil dann doch meine Dunkle Seite ab und zu Freilauf braucht erzähle ich gelegentlich doch den Esoterikern dass die Behauptung, es gäbe außer Physik noch weitere Mechanismen, Humbug ist und gehe in voller Montur sonntags in die Dorfkirche. Mit Kindern. Dann richte ich mich mal ganz nach meinen Ansichten, ohne Rücksichtnahme. Dank meines unterstellten Autismus sind mir die Reaktionen anderer dann auch schnurz. ;)
Wobei ich nochmal betone dass die Reaktionen wesentlich schwächer sind wenn man Leuten ihre unangemessene Kleidung deutlich macht als wenn man sie auf ihre eigene Dummheit oder Ungebildetheit hinweist.
 
Meine These ist deshalb, dass von den Medien und anderen demokratisch nicht legimierten Terrororganisationen gute Kleidung schlicht als ausgesprochen feminin dargestellt wird, so dass der gut gekleidete Mann entweder schwul sein muss oder sich offensichtlich bei den Frauen anbiedern will, während die "Waffen" des Extremsportlers, des stupiden Muskelprotzes oder des Lumberjack-Metrohippies als männlich legitimiert werden. Im Grunde ist das ein vollkommen überaltetes, verbrauchtes und dummes Rollenbild, da die Wertschöpfung durch uns Männer nicht mehr primär durch körperliche Tätigkeiten erbracht wird.

Was denkt Ihr?
Ich könnte mir vorstellen, daß gerade letzteres dazu führen kann, daß solche Männlichkeitsvorstellungen kompensatorisch überbetont werden. Dem Dorfschmied, Zimmermann oder Bergmann früher war die "traditionelle Männlichkeit" quasi natürlich eingegeben, wo heutige Nachfahren durch Autotuning, Muskelzucht etc substituieren "müssen". Da hinkt das Bewußtsein dem veränderten Sein hinterher. ;) Das ist jetzt aber auf die Schnelle ziemlich ins Blaue hineingedacht.
 
Darin liegt aber doch genau das Problem begründet. Die sind ja nicht wirklich individuell, sie spielen aber den Individuellen. Schlechtes Benehmen wird heute als persönliche Note interpretiert, schlechtes Aussehen genauso.
Daher kauft man dann - je nach Geldbeutel - die "individuellen" Sporthemden von LaMartina oder Camp David mit vielen bunten Bildchen, baut sich "individuelle" Felgen an seinen Familienbomber usw., um im Heer der uniformierten Namenlosen ein wenig hervorzustechen. Da das aber die meisten anderen auch tun, ist man nach wie vor ein Lemming unter Lemmingen.

Der Hang zur Individualisierung des Individuums wird als Grundrecht verstanden, Rücksicht auf gesellschaftliche, intellektuelle oder sonstige Gepflogenheiten findet unter dem Credo "Ich, Alles, Sofort" nicht mehr statt. Der Deutsche hat es einfach verlernt und eifert stattdessen vermeintlichen Vorbildern nach.
 
Ich stehe auf der Rolltreppe immer rechts. Dies aber weniger, weil ich mutlos, fremdbestimmt oder desinteressiert wäre. ;)


Da gibt es einen wichtigen Unterschied: Die Rolltreppe gehört nicht Dir und Du möchtest verständlicherweise niemanden behindern, der sie auch noch benutze möchte. Ob Du einen Anzug anziehen darfst, ist aber kein Thema, bei dem irgendein Passant im öffentlichen Raum ein legitimes Einspruchsrecht hätte.
 
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Ob Du einen Anzug anziehen darfst, ist aber kein Thema, bei dem irgendein Passant im öffentlichen Raum ein legitimes Einspruchsrecht hätte.

Naja, so mancher hier hätte aber schon gerne ein Einspruchsrecht wenn jemand im öffentlichen Raum keinen Anzug trägt, und z.B. in T-Shirt und Jeans in die Oper geht.

Persönlich bin ich ja liberal, ich neide dem anderen nicht seine Pfotenjacke, lasse mir aber auch meinen Schlips nicht madig machen. Denken wir eben beide "unfassbar, wie der Affe da rumläuft". Fasson und selig und so.
 
Naja, so mancher hier hätte aber schon gerne ein Einspruchsrecht wenn jemand im öffentlichen Raum keinen Anzug trägt, und z.B. in T-Shirt und Jeans in die Oper geht.


Klar, ich wäre auch gerne König von Deutschland, um mal den RIP Rio Reiser zu zitieren. :) Aber bis es soweit ist, habe ich es nicht und natürlich hat es auch kein anderer über mich. Liberalität endet halt nicht vor meinen eigenen Vorlieben.
 
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