Oberhemden mit/ohne Krawatte

Ich glaube kaum das eine Jeanshose für alle "richtigen" Anzugsträger (also jemand der nicht nur Anzüge trägt weil es das Arbeitsumfeld vorschreibt) eine ernsthafte Alternative bietet ....
Meine Erfahrung mag ja auf mein Umfeld begrenzt sein, aber die Krawatte bei einem Anzug im Geschäftsumfeld wegzulassen ist für mich gerade ein klassisches stummes Protestsignal von jemandem, dem der Anzug aufgezwungen wurde. Man verzichtet hier doch ohne Not auf ein optisches und haptisches Vergnügen bei der Anwendung eleganter Herrenbekleidung zugunsten der Message eines vermeintlichen Nonkonformismus. Das klingt für mich nicht wirklich nach hedonistischem Ausleben der eigenen sartorialen Vorlieben. :)

Nicht mein Ding.
 
Der Anzug ohne Krawatte ist ein Outfit, das im beruflichen Umfeld geboren wurde, um die Symbolik einer neuen, modernen Dynamik im Management vorzugaukeln. New Economy sozusagen.

Dann gibt's noch die TV-Sportmoderatoren, die vor der Kamera irgendwie Anzug tragen möchten, aber viel zu sportlich sind, um dazu eine Krawatte zu tragen (und vielleicht auch nicht mit den Politikredakteuren verwechselt werden wollen). Sieht toll aus... :)

Mir fällt kein ästhetisches Argument ein, warum jemand freiwillig einen Anzug trägt (was ich gelegentlich tue) und dann ein wesentliches gestalterisches Element weg lässt (weiter oben von mir erwähnte Casual Suits ausgenommen und Kombinationen sowieso). Mag sein, dass es Leute gibt, die das tragen, weil sie es so bequemer finden oder gerade alle verfügbaren Krawatten vom Hund zerfetzt wurden. Es gibt auch umgekehrt Leute, die zur Outdoor-Jacke Krawatte tragen, weil sie glauben, das würde das Outfit irgendwie aufhübschen. Die würde ich aber alle nicht als Stilvorbilder propagieren. :)

Darf ich annehmen, dass Sie selber gerne die Krawatte weglassen? ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir fällt kein ästhetisches Argument ein, warum jemand freiwillig einen Anzug trägt (was ich gelegentlich tue) und dann ein wesentliches gestalterisches Element weg lässt

Dasselbe Argument könnte man mit Einstecktüchern, Knopflochblumen etc. auch bringen.
Und mal so nebenbei, vor 50 Jahren hätte man noch gesagt: "Mir ist nicht klar wie man einen Anzug ohne Weste tragen kann." - Und heute sieht man unter 100 Anzugträgern vlt. 2-3 mit Weste. Sowas nennt sich Entwicklung.
Daher ist es auch vollkommen normal, dass die Krawatte immer mehr verschwindet (spezielle Berufsfelder mal ausgeschlossen).

Zum Schluss noch ein ästhetisches Argument: Ein Anzug ohne Krawatte ist gewiss ein Kompromiss, jedoch für bestimmte Umfelder wie z.B. das meine (Uni bzw. Arbeit in mittelständischer Softwareunternehmen, wo der Chef eine schwarze! Jeans und ein schwarzes Poloshirt trägt) sogar die bessere Wahl. Außerdem sieht ein Anzug ohne Krawatte immer noch schöner aus wie eine Jeans und T-Shirt.
 
Und mal so nebenbei, vor 50 Jahren hätte man noch gesagt: "Mir ist nicht klar wie man einen Anzug ohne Weste tragen kann." - Und heute sieht man unter 100 Anzugträgern vlt. 2-3 mit Weste. Sowas nennt sich Entwicklung.

Es könnte natürlich auch an der zunehmenden Verbreitung von gut beheizten Büroinnenräumen liegen die vor 50 Jahre noch nicht so üblich waren. ;)
 
Es könnte natürlich auch an der zunehmenden Verbreitung von gut beheizten Büroinnenräumen liegen die vor 50 Jahre noch nicht so üblich waren. ;)

Aus Erfahrung kann ich berichten, dass vor 50 Jahren im Winter ebenfalls geheizt wurde.
Die Weste als Teil des Anzugs kam erst Mitte der 60er wieder in Mode.

Ein Bezug zu Raumtemperaturen hat in dieser Zeit nicht bestanden.
 
Ich trage sehr gerne Krawatten. Und mit meinen grad mal 33Jährchen gehöre ich auch zu einer Minderheit die sich gerne eine Leonard Krawatte um den Hals wickeln :D das allein dürfte ein Zeichen dafür sein das ich mit Freude diese Art von Beiwerk trage.
Leonard. :eek: Okay, das kann man nur mit Überzeugung tragen. :)

Mich stört also nicht das Tragen, sondern der Zwang :)
Was für ein Zwang? Derselbe böse Zwang, der uns die superweichen Sneakers zum Anzug verbietet und diese langweiligen, kalbsledernen Cap-Toe Oxfords tragen lässt? Womöglich noch mit Schnürsenkeln? :)

Die Krawatte zum Anzug ist ein zusammengehöriges ästhetisches Ensemble, mit dem Zweck, vor dem einfarbigen Rahmen des Anzugs das Gesicht des Trägers hervor zu heben. Das muss man natürlich nicht immer haben, aber dann kann man auch gleich viel harmonischer zur lässigeren Kombination greifen. Es ist nicht ohne Zufall, dass die Krawatte zum Anzug noch nie verschwunden ist. Das Weglassen der Krawatte zum Anzug kam in den 70ern zu den mehr oder weniger abgefahrenen Breitrevers-Anzügen gelegentlich auf, ist aber ansonsten eine ganz und gar moderne Arbeitsplatz-"Idee".

Den Gentleman an sich gibt es heute so gut wie auch nicht mehr, damit sollte man auch mal abschließen können. Eine tollt Sache war das. War ;)
Den Gentleman an sich gibt es heute genauso wie früher und vermutlich auch in etwa gleicher Kopfstärke. Er wird nur in der öffentlichen Wahrnehmung verdeckt von Armeen von fantasielosen Mittelklässlern und Aufsteigern, die sich gelegentlich als Gentleman verkleiden, indem sie ausgewählte Bekleidungsbilder kopieren, ohne sich die Mühe zu geben, ein eigenes Verständnis für die Gesamtästhetik aufzubringen. Es reicht in ihrem Umfeld der gleich Denkenden, wenn es im Groben so aussieht als ob.
 
Na na,
Zwischen etwas weglassen und etwas unpassendes dazunehmen/austauschen sollte doch noch unterschieden werden! Aber netter Versuch ;)
Beides sind pseudo-legere Veränderungen des ursprünglich intendierten Anzug-Outfits, die in der freien Wildbahn schon gesichtet wurden. Die beabsichtigte Wirkung ist ähnlich, das sehe ich schon parallel. :)
 
Interessanter Weise sind viele Verfechter der Krawatte jene die das restliche Regelwerk selbst oft außer Kraft setzen :D

Dafür sind jene, das zeigen zumindest meine Beobachtungen im Berufsleben gehobener Herrenmode, die diesen "Rest" leben und pflegen auch mal ohne Krawatte unterwegs (weil sie ja noch genügend weitere Indikatoren haben?!?).
Selbst wenn es so wäre (was ich ehrlich gesagt beides weitgehend aus der Luft gegriffen finde), was sagt das denn zum Thema aus? Machen wir jetzt Ästhetik per Mehrheitsentscheid auf der Straße? Ich fürchte, da würden noch ganz andere im Forum liebgewordene Dinge dran glauben müssen. ;)

In einer modisch fragwürdigen Welt da draußen ist die Krawatte wohl das letzte gängige Überbleibsel vom Beiwerk, daher wird ihr mehr eben mehr Bedeutung zugesprochen.... Das ist normal :)
Ich spreche der Krawatte nicht mehr Bedeutung zu als dem Anzug. Aber auch nicht weniger. :)
 
Machen wir jetzt Ästhetik per Mehrheitsentscheid auf der Straße?

Ja machen wir!
Ich stelle mal die These auf, dass ein Großteil der Anzugtragenden die Krawatte nur trägt, weil die Mehrheit der Anderen das auch tut und nicht, weil sie hinter dem ästhetischen Konzept stehen.
Das ist das Wesen einer Konvention.
Und wie Shop richtig schreibt ändern sich diese.
 
Oben