kragenweite
Well-Known Member
Die attische Demokratie kannte Menschen unterschiedlicher Klassen und Losverfahren. Wir dagegen erkennen eine Gleichheit der Menschen an sowie das Wahlverfahren. Das sind völlig unterschiedliche Begriffe von Demokratie, die man so nicht einfach vermischen kann.Für Dich ist "Demokratie" ausschließlich die bundesrepublikanische Umsetzung, oder wie soll ich das verstehen? Für mich lässt das Grundgesetz mehr Misstrauen gegenüber dem Wähler als gegenüber "dem Staat" erkennen (verständlich: Hitler kam durch auch aktuell akzeptable demokratische Prozesse an die Macht).
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht die Leute mit dem tiefen Misstrauen gegen "den Staat". Der Staat ist, letzten Endes, die Summe der gewählten Mandatsträger, bzw. er wird in Form seiner Organe von ihnen geführt. Wenn ich also den Leuten, die ich gewählt habe, so abgrundtief misstraue, habe ich dann nicht vielleicht bei der Wahl Mist gebaut? Wenn ich nur den von den anderen Menschen gewählten Politikern misstraue, ist dann nicht der Ruf nach direkterer Demokratie erst so richtig dumm?
Man sollte sich bewusst machen dass "der Staat" in einer Demokratie wir alle sind.
N.H.
[1] Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und stelle bei den heutigen Problemen, die Maßnahmen erfordern deren unpopuläre Auswirkungen deutlich länger als eine Legislaturperiode sind, die Steuerung durch Politiker in Frage, die ja auch in 4 Jahren noch einen Job haben wollen. Bei einer Bevölkerung die zu nicht unerheblichen Teilen von egoistischem Wunschdenken und Fundamentalablehnung getrieben ist, und wo das Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse und Prozesse systematisch untergraben wird. Die nötigen Maßnahmen gehen nur gegen diese Teile der Bevölkerung, was da an Vernunft und Einsicht zu erwarten ist hat man ja bei den Querdenkern et.al. ff. gut beobachten können.
Über den Begriff "Staat" kann man wunderbar streiten. Ich meine hiermit die verfaßte Struktur, innerhalb derer wir uns alle bewegen, auch Mandatsträger, nennen wir es der Einfachheit halber Spielregeln. Es ist gut und wichtig, daß wir diese Spielregeln permanent kritisch hinterfragen, und darin besteht das Mißtrauen gegenüber dem System - ob das jetzt eine indirekte bundesrepublikanische Demokratie ist oder eine eidgenössische schweizer Demokratie, ist dabei egal. Oben wurden schon Grund- und Menschenrechte angesprochen, im Zentrum steht der Schutz des Einzelnen vor dem System, das sich nicht darüber hinaus ermächtigen darf. Eine Diktatur dreht das ja gerade um und mißtraut der Bevölkerung, schützt also nicht den Einzelnen, sondern sich selbst. Insofern sind Demokratien ja vor allem gegen Diktaturen gerichtete Institutionen. Wenn uns nicht gefällt, was "die da oben" so machen, können wir sie ja einfach ohne Blutvergießen loswerden, indem wir sie abwählen. Das ist der Kern. Alles andere ist die Frage nach der Ausgestaltung der Spielregeln. Volksabstimmung oder nicht? Politiker durch Elitenschulen oder für jeden offen? Föderalismus oder Zentralismus? usw.